In kleinen Schritten…

…zum großen Ziel.

Im Haus Nr.1 des Kinderheims leben Kinder und Jugendlichen mit schweren Mehrfachbehinderungen. Neben dem Mangel an lebenswichtigen Dingen wie auf spezielle Bedürfnisse angepasste Nahrung und Materiellem, wie Windeln und Spielzeug, ist der Mangel an menschlicher Wärme und Zuneigung wohl am härtesten für diese Kinder.

Nach russischen Maßstäben galten sie lange Zeit als bildungsunfähig und auf Grund dessen nicht förderungswürdig. Erst seit wenigen Jahren verfolgen staatliche Instanzen einen zentralen Plan, um ihnen etwas mehr als eine grundlegende Versorgung zukommen zu lassen. Seitdem ist es jedoch für zivilgesellschaftliche Akteure, zumal ausländische, sehr schwer geworden, sich direkt vor Ort zu engagieren. Doch für den Wandel in den Alltagsstrukturen braucht es auch weiterhin Unterstützung!

Materielle Spenden

Neben dem Mangel an Personal und Zuwendung für die Kinder fehlte es zu Beginn unserer Arbeit auch an materiellen Dingen. Mit Hilfe von Spendengeldern und der Initiative der Freiwilligen konnten wir einige Dinge finanzieren: Medikamente, wie Antibiotika, Wund- und Heilsalben, Fieberzäpfchen, Schmerztabletten und Vitamine.

Immer wieder fehlte Kleidung für die Kinder. Die Freiwilligen sammelten in Deutschland gebrauchte Kleidung und brachten sie nach Russland. Auch Decken, Spielzeug und Selbstgebasteltes für das Spielzimmer kamen so nach Priosersk. Mehrere Socken- und Schuhwerkaktionen wurden gestartet, da viele Kinder in Priosersk mobiler geworden sind und daher Schuhe benötigen.

Immer wieder kam es dazu, dass Kleidung und insbesondere Socken abhanden kamen, oder in den großen Waschmaschinen den Heimes kaputt gingen.

Im April 2002 kauften wir in Russland eine Waschmaschine, die im ersten Haus installiert wurde. Sowohl die Socken, als auch die Handtücher der Kinder, die nicht immer vom gleichen Kind benutzt wurden, sorgten wiederholt dafür, dass sie Erkrankungen der Haut (Streptodermie, Krätze) ungehindert verbreiten konnten. Die Freiwilligen konnten so die Kleidung, die Socken und die Handtücher der Kinder regelmäßig selber waschen.

Keines der von den Freiwilligen betreuten zwanzig Kinder verbringt jetzt noch den ganzen Tag im Bett. Sachspenden, wie Rollstühle, behindertengerechte Kinderkarren, Therapiestühlchen und Gehwagen, einer Hilfsmittelfirma und von Privatpersonen aus Deutschland ermöglichen dieses. Auch über die Spendengelder konnten wir folgende Dinge finanzieren: Therapeutisches Material (Lagerungsschlangen, Hängematte, Schüsseln, etc.), Spielzeuge, Kommoden für die Aufbewahrung der zusätzlichen Kleidung und Schuhe, Kinderstühle und Tische, Kinderwippersitze zur Lagerung im Bett, Trinkbecher und Kinderlöffel, diverse Hygieneartikel…

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Im Januar 2004 wurde in Priosersk ein Tischler ausfindig gemacht, der von einem Teil der Spendengelder fünf spezielle Kindergitterbetten und zwei Laufställe angefertigt hat. Die Gitterbetten sind für sehr aktive Kinder gedacht, die sich ohne Gitterbettchen verletzen könnten. Die Laufställe ermöglichen es den Kindern sich im Flur des Kinderheimes aufzuhalten.

Für unsere Freiwilligen haben wir eine zuverlässige Mitarbeiterin des Hauses gefunden, die als Koordinatorin arbeitet. Sie vermittelt zwischen den Mitarbeitern, den Freiwilligen und dem Förderkreis und erhält für ihre Tätigkeit ein monatliches Entgeld vom Verein.

Im März 2004 konnte unsere Koordinatorin erstmalig am europäischen Stellenleitertreffen vom ICE in Dresden teilnehmen. Im Anschluss daran hospitierte sie eine Woche lang unter Anleitung von Frau Meier im Erlenbusch. So konnte sie einen Einblick in die ergo- und physiotherapeutische Arbeit, sowie die pädagogisch-pflegerische Arbeit dieses Hauses bekommen. Mit vielen neuen Ideen ist sie wieder nach Priosersk zurückgekehrt.

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2007/2008 wurde der erste Korpus grundsaniert. Die Räume wirken seitdem freundlich und hell. Viel wird nun vom russischen Staat getragen. Durch die russischen Freiwilligen wurden russische Sponsoren aufgetan, die nun u.a. für neue Betten, technische Geräte und orthopädische Schuhe aufkommen. Der Förderkreis Priosersk konnte neue Rollstühle für die Kinder kaufen.

Fortbildungen

Von März bis November 2006 fanden für 13 MultiplikatorInnen in Priosersk (Ärzte, Masseurinnen, Physiotherapeutinnen, Erzieherinnen und Psychologinnen) Fortbildungen mit dem Thema „Grundwissen Ergotherapie“ statt. Bei dem Fortbildungsprogramm ging es unter anderem darum, den TeilnehmerInnen die unterschiedlichen Ursachen von Behinderungen zu erklären und ihnen den täglichen Umgang mit den Kindern (Wie kann ich ein Kind im Bett oder im Rollstuhl lagern; Wie kommuniziere ich mit einem Kind, das nicht sprechen kann) zu erleichtern. Das Grundverständnis der Ergotherapie wurde erklärt: Ergotherapie ist Betätigung und Betätigung macht Leben aus. Ergotherapie gibt den Kindern Hilfe zur Selbsthilfe, damit sie alltägliche Betätigungen wie z.B. sich fortbewegen oder essen eigenständig ausführen können. Unterschiedliche Befunderhebungsmethoden und deren Dokumentation wurden gemeinsam erarbeitet.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass aufgrund dieser Seminare im Jahr 2006 eine sehr große Entwicklung in Form einer Bewusstseinsveränderung bei den KursteilnehmerInnen stattgefunden hat.